WestGem Studie

Die Hintergründe – was ist die WestGem-Studie?

„WestGem-Studie” ist die Abkürzung für die “Westphalian study on a medication therapy management and home care based intervention under gender specific aspects in elderly multimorbid patients”. Im Zentrum der Studie steht die Arzneimittelversorgung älterer, multimorbider Patientinnen und Patienten, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf die Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen gelegt wird. Die Versorgung und medikamentöse Therapie findet im wohnortnahen Umfeld statt und wird durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Pharmazeutinnen und Pharmazeuten sowie durch die ortsansässigen Pflege- und Wohnberatungen der Projekt-Regionen getragen.

In einer cluster-randomisierten prospektiven kontrollierten Studie in den zwei Regionen Ahlen und Steinfurt werden die Wirksamkeit und die Kosten des neuen Ansatzes bewertet.
Ein besonderer Fokus liegt auf der Nachhaltigkeit des Projekts: der Ansatz des umfassenden Case Managements zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung älterer Menschen mit Multimorbidität soll nicht mit Abschluss der WestGem-Studie enden! Bestätigen sich die Erwartungen und kann die Anzahl der Therapieprobleme sowie der Anteil ungeeigenter Medikamente im Rahmen der Studie signifikant reduziert oder andere Verbesserungen im Versorgungsmanagement beobachtet werden, wird ein übertragbares Case Management Konzept erarbeitet. So sollen die gewonnenen Erkenntnisse für andere Regionen in NRW oder national nutzbar gemacht werden. Projektbegleitend wird zudem ein Empfehlungskonzept zur Finanzierung durch Kranken- und Pflegekassen entwickelt.

Die Förderer und Unterstützer

Der Kooperationsverbund der WestGem-Studie freut sich sehr, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung als Förderer gewonnen werden konnte! Im Dezember 2010 startete der Wettbewerb „IuK & Gender Med.NRW“, der mit mehr als 100 eingereichten Projektskizzen große Resonanz gefunden hat. Im Juli 2011 wurden von einer Jury 25 Vorhaben zur Förderung vorgeschlagen – auch die WestGem-Studie! Im Oktober 2012 wurde das Projekt zur Förderung frei gegeben. Das Projektvolumen wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und NRW-Landesmitteln finanziert. Darüber hinaus wird ein Teil von den beteiligten Projektpartnern in Eigenleistung erbracht.

Als Unterstützer der WestGem-Study konnte das Netzwerk Gesundheitswirtschaft Münsterland e.V. gewonnen werden. Der im Jahr 2009 gegründete Verein vertritt die Gesundheitsregion Münsterland im Cluster Gesundheitswirtschaft Nordrhein-Westfalen.
In NRW haben sich in den vergangenen Jahren insgesamt sechs Gesundheitswirtschaftsregionen entwickelt, in denen innovative Herangehensweisen und Projekte entwickelt werden, um mit allen Akteuren eine qualitativ hochwertige und patientenorientierte Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Eines der spezifischen Kompetenzfelder der Gesundheitsregion Münsterland umfasst das Thema „Innovative Versorgungskonzepte“ und somit den Kerngedanken der WestGem-Studie.

Die Ziele der WestGem-Studie

Das Gesamtziel: Die Leitidee des Konzepts zielt auf eine interprofessionelle, adressatenorientierte und organisationsübergreifende Versorgungssteuerung im Sinne des Case Managements ab, die für eine patientengerechte, sichere und kosteneffektive Behandlung der Patientinnen und Patienten sorgen soll. Das Case Management adressiert dabei besonders multimorbide, polypharmazeutisch behandelte, ältere Patientinnen und Patienten, die unter anderem an einer kardiovaskulären Erkrankung leiden. Durch die Übertragung der theoretischen Konzeptidee in die Versorgungspraxis der Modellregionen Ahlen und Steinfurt soll ermittelt werden, inwiefern diese Form des Case Managements geeignet ist, die regionale Versorgung der Betroffenen zu optimieren, bestehende Strukturen stärker zu vernetzen und regionale Kompetenzen sinnvoll zu bündeln.

Weiterhin bewertet eine Kosten-Nutzen-Analyse, welche Kosten die Anwendung des neuen Versorgungskonzepts verursacht und ob diese Ausgaben durch Einsparungen aufgewogen werden, die durch den Einsatz des Case Managements entstehen.

Ziel-2 spezifische Querschnittsziele

Geschlechtergerechtigkeit und Nichtdiskriminierung sind ausgewiesene Ziele des Wettbewerbs „IuK& Gender Med.NRW“ und werden daher im Rahmen der WestGem-Studie konsequent berücksichtigt. In NRW sowie auch in ganz Deutschland werden bei der Behandlung großer Volkskrankheiten, zu denen auch die kardiovaskulären Erkrankungen zählen, bisher kaum soziale oder geschlechterspezifische Aspekte aufgegriffen. In der WestGem-Studie soll gezeigt werden, dass eine Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Grad der sozialen Eingliederung in einer wissenschaftlich fundierten Pharmakotherapie die Versorgung verbessert und Folgekosten reduziert. Zudem betrifft Multimorbidität Männer und Frauen im letzten Lebensdrittel nahezu in gleichem Ausmaß. Durch die assoziierte Polypharmazie entstehen bei beiden Geschlechtern Nebenwirkungen, die durch die unterschiedliche Verstoffwechselung und physische Grundkonstitution geschlechterspezifisch erörtert werden müssen. Dieser unterschiedliche Bedarf von Männern und Frauen hinsichtlich ihrer Lebenssituation und Medikation wird in der WestGem-Studie aufgegriffen.


Weitere programmspezifische Ziele sind die Verbesserung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit des nordrhein-westfälischen Gesundheitsmarktes. Die in der WestGem-Study entwickelte Form der integrierten, mehrdimensionalen und auf die Patientin oder den Patienten ausgerichteten Versorgung ist bislang einmalig. Gleich drei politisch gewollte Zielperspektiven werden aufgegriffen:

  • Vernetzung und Integration im Gesundheitswesen,
  • ambulante Versorgung vor stationärer Versorgung und
  • Prävention vor Intervention.

Darüber hinaus befindet sich das Konzept des Medikationsmanagements, im Gegensatz zu den USA, in Deutschland noch in einer umfangreichen Erforschungs- und Entwicklungsphase. Da es sich um einen neuen, trägerübergreifenden Vernetzungsansatz handelt, kann von einem hohen Innovationscharakter gesprochen werden.

Referenzen:
http://www.isrctn.com/ISRCTN41595373
https://www.hausarzt.digital/medizin/muessen-es-wirklich-so-viele-medikamente-sein-25279.html
https://www.abda.de/themen/arzneimitteltherapiesicherheit/foerderinitiative-pharmazeutische-betreuung/medikationsmanagement/
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2016/06/14/je-mehr-arzneimittel-desto-grosser-der-nutzen